Fragen und Antworten zu Direktlizenzierung

Direktlizenzierungsagenturen kritisieren die SUISA, andere Verwertungsgesellschaften und das System der kollektiven Verwertung – zum Teil mit falschen Aussagen und Vorwürfen.

An dieser Stelle gehen wir auf die wichtigsten Vorwürfe ein.

1) Einige Direktlizenzierungsagenturen stehen Verwertungsgesellschaften wie der SUISA sehr kritisch gegenüber. Warum?

Diese Agenturen entwickeln ihr Geschäftsmodell, indem sie sich als – in ihren eigenen Worten – günstigere, schnellere und transparentere Alternative für die Urheberinnen und Urheber zu traditionellen Verwertungsgesellschaften positionieren. In den letzten Wochen ist insbesondere PACE aktiv und versucht, die Verwertungsgesellschaften zu diskreditieren. Im Gegensatz zur SUISA, deren Tarife und Verteilungsreglement öffentlich bekannt sind, agiert PACE nicht transparent; auf der Website werden Veranstalter/innen nicht über die Höhe der Lizenz informiert und Urheber/innen erfahren ebenfalls nicht, wann sie was wofür bekommen.

2) Die Kosten von Verwertungsgesellschaften wie der SUISA seien zu hoch

Ein Expertenbericht im Auftrag des Eidgenössischen Instituts für Geistiges Eigentum (IGE) kam im Jahr 2015 zu dem Schluss, dass die Verwaltungskosten der Schweizer Verwertungsgesellschaften insgesamt angemessen sind:

https://www.ige.ch/fileadmin/user_upload/schuetzen/urheberrecht/d/Schlussbericht_Verwaltungskostenanalyse_22_Dezember_2015.pdf.

Für Konzerte beträgt der Abzug der SUISA grundsätzlich 15 % für Verwaltungskosten und 10 % für soziokulturelle Zwecke. Allerdings erhalten die Berechtigten, deren Werke in Konzerten aufgeführt werden, bei der Verteilung der Urheberrechtseinnahmen Zuschläge. Diese stammen beispielsweise aus Nebeneinkünften der SUISA oder aus Vergütungen aus anderen Bereichen, die nicht genau verteilt werden können. Insgesamt verteilt die SUISA also mehr als 85 % der Einnahmen, die sie von der/vom Konzertveranstalter/in erhält. Zu beachten ist, dass die SUISA im Herbst 2024 neue Bedingungen für Grosskonzerte beschlossen hat, die diesen Anteil auf über 95 % erhöhen. Damit sind die effektiven Kostenabzüge bei der SUISA geringer als jene der Direktlizenzagenturen.

3) Die neuen Bedingungen der SUISA für Grosskonzerte seien diskriminierend

Das ist falsch. Alle Konzerte mit mehr als 5'000 Personen, bei denen die Künstler/innen mindestens 60 % selbst komponierte Werke spielen, profitieren von diesen neuen Bedingungen. Proportional zu den eingenommenen Vergütungen verursacht ein kleines Konzert für die SUISA höhere Verwaltungskosten als ein grosses Konzert mit einer kleinen Anzahl von Berechtigten. Es ist daher fair, dass die SUISA ihre Verwertungsbedingungen differenziert, um diesen unterschiedlichen Situationen Rechnung zu tragen. Darüber hinaus hält dies grosse Rechteinhaber/innen davon ab, aus dem Verbund der Verwertungsgesellschaften auszutreten. Damit bleibt die Solidarität gegenüber den kleinen Rechteinhabern/innen erhalten.

Die neuen Bedingungen wurden vom SUISA-Vorstand beschlossen. Dieser besteht grösstenteils aus SUISA-Mitgliedern, die wiederum von der SUISA-Generalversammlung gewählt werden.

4) Die Verwertungsgesellschaften seien intransparent

Im Gegenteil: Die SUISA veröffentlicht die Zahlen zu ihrer Tätigkeit in einem Transparenzbericht, der Bestandteil des Geschäftsberichts ist:  https://www.suisa.ch/de/Ueber-die-SUISA/Generalversammlung.html. Hingegen sind Zahlen zu Direktlizenzierungsagenturen kaum oder nur schwer zu finden.

Die Bedingungen für Konzertveranstalter/innen, einschliesslich Rabatte, sind im Gemeinsamen Tarif K (GT K) festgelegt, der veröffentlicht und für alle zugänglich ist:  (https://www.suisa.ch/de/Kunden/Auffuehrungen/Konzerte-allgemein.html). Dieser Tarif wurde von der Eidgenössischen Schiedskommission für die Verwertung von Urheberrechten und verwandten Schutzrechten (ESchK) genehmigt und ist für die Zivilgerichte verbindlich (Art. 59 Abs. 3 URG).

Im Gegensatz zu einigen ausländischen Verwertungsgesellschaften praktiziert die SUISA keine Rückvergütungen («Kickbacks») an Veranstalter/innen. Für die Rechteinhaber/innen und auch für andere interessierte Kreise ist somit alles sehr transparent.

Der Vorwurf der Intransparenz wird also nicht von den SUISA-Mitgliedern, sondern von den Direktlizenzierungsagenturen erhoben. Die Mitglieder haben jederzeit Zugang zu den gewünschten Informationen oder können diese anfordern, falls sie nicht öffentlich verfügbar sind.

5) Die Verwertungsgesellschaften brauchen zu lange für die Verteilung der Vergütungen an die Begünstigten

Die SUISA-Abrechnungen und die Verteilung an die Bezugsberechtigten erfolgen vierteljährlich. Dabei werden alle im Vorquartal eingenommenen Vergütungen (für Konzerte, aber auch für Radio- und Fernsehsendungen, Diskotheken usw.) abgerechnet. Das bedeutet, dass die von der/vom Veranstalter/in gezahlten Vergütungen in der Regel spätestens 90 Tage nach dem Konzert verteilt werden (vorausgesetzt, das Geld wurde an die SUISA überwiesen). Bei bestimmten Grosskonzerten, bei denen die Rechteverwaltung einfacher ist, hat sich die SUISA verpflichtet, die Verteilung an die Bezugsberechtigten spätestens 30 Tage nach der Veranstaltung vorzunehmen.

Die Direktlizenzierungsagenturen beschränken sich auf eine einzige Art der Werknutzung, nämlich die Konzerte. Die Urheberrechtsgesellschaften hingegen bieten den Berechtigten einen umfassenden Service: Sie verwalten die Rechte für alle Arten von Verwendungen, auch für sehr marginale Fälle wie z. B. einen Tanzabend einer Jugendorganisation. Ein Vergleich der Verteilungsfristen von Direktlizenzierungsagenturen und Verwertungsgesellschaften ist daher kaum sachdienlich.

6) Die SUISA sei gegenüber Konzertveranstaltern/innen zu nachsichtig

Der im Konzerttarif GT K festgelegte Rabatt ist an eine Gegenleistung geknüpft. Veranstalter/innen, die davon profitieren, müssen einem Verband angehören, der die SUISA bei der Erfüllung ihrer Aufgaben unterstützt. Der Tarif fördert somit eine gute Zusammenarbeit zwischen der SUISA und dem Konzertveranstaltungsbereich und damit die Einhaltung des Urheberrechts. Von dieser guten Zusammenarbeit profitieren die Mitglieder der SUISA.

Darüber hinaus wehrt sich die SUISA gegen eine Marktverzerrung durch Direktlizenzierungsagenturen: Diese können von den Veranstaltern/innen höhere Urheberrechtsvergütungen als die des GT K verlangen, während die SUISA selbst an diesen Tarif gebunden ist. Damit werden Rechteinhaber/innen, die ihre Rechte bei Konzerten durch die SUISA wahrnehmen lassen, benachteiligt.

7) Die SUISA wolle ihre Marktposition auf Kosten ihrer Mitglieder schützen

Die Interessen der SUISA sind die Interessen ihrer Mitglieder, da die Genossenschaft nach demokratischen Regeln funktioniert. Innerhalb der SUISA üben Urheberinnen, Urheber, Verlegerinnen und Verleger von Musik ihr Selbstbestimmungsrecht aus, was vom Gesetzgeber unterstützt werden sollte.

8) Das internationale Netzwerk der Verwertungsgesellschaften würde zu doppelten Abzügen zulasten der Berechtigten und zu Fehlern bei der Vergütung der Berechtigten führen

Wenn die SUISA ein Konzert in der Schweiz für Urheber/innen und Musikverlage lizenziert, die einer ausländischen Verwertungsgesellschaft angeschlossen sind, überweist sie die Urheberrechtsvergütungen an die ausländische Gesellschaft. Diese wiederum verteilt das Geld an ihre Mitglieder. Es ist dann möglich, dass die ausländische Gesellschaft für ihre Vermittlungstätigkeit eine Provision einbehält, die zusätzlich zu den Abzügen der SUISA anfällt. Im umgekehrten Fall, dass eine ausländische Verwertungsgesellschaft Geld an die SUISA für eines ihrer Mitglieder überweist, zieht die SUISA 4 % für den Verwaltungsaufwand ab.

Es gibt keine weltweite Datenbank für Musikwerke und deren Rechteinhaber/innen. Jede nationale Verwertungsgesellschaft verfügt über eine eigene Datenbank. Die Gesellschaften sind jedoch in regelmässigem Austausch und begrenzen so das Risiko von Unstimmigkeiten zwischen diesen nationalen Datenbanken. Der Dachverband der Verwertungsgesellschaften (CISAC) stellt zudem Regeln auf zur Abgleichung und Bereinigung von Daten. Direktlizenzierungsagenturen sind der Ansicht, dass diese Unstimmigkeiten systematisch zu Fehlern und Verzögerungen bei der Auszahlung der Berechtigten führen. Solche Probleme treten nur in Ausnahmefällen auf.

Rechteinhaber/innen haben die Möglichkeit, ein Gebiet aus dem Auftrag ihrer Verwertungsgesellschaft auszuschliessen und sich direkt der für dieses Gebiet zuständigen nationalen Gesellschaft anzuschliessen. Mit anderen Worten: Eine Autorin/ein Autor, die/der Mitglied einer ausländischen Verwertungsgesellschaft ist, hat die Möglichkeit, sich nur für die Nutzung seiner Werke in der Schweiz der SUISA anzuschliessen. In diesem Fall erhält sie/er seine Vergütungen für Konzerte in der Schweiz direkt von der SUISA ohne zusätzliche Vermittlungsprovision einer anderen Verwertungsgesellschaft und kann zudem der SUISA korrekte Informationen über seine Werke direkt übermitteln.

9) Die SUISA wolle die Wahlfreiheit der Rechteinhaber einschränken

Verwertungsgesellschaften in Europa sind Selbsthilfeorganisationen von Urheberinnen und Urhebern. Diese können sich einer Gesellschaft ihrer Wahl anschliessen. Viele erfolgreiche Urheber/innen profitieren vom internationalen Netzwerk und sind bei mehreren Gesellschaften Mitglied. Agenturen wie PACE wollen dieses Netzwerk zerstören. Sie bringen jedoch den meisten Urhebern/innen und auch den Konzertveranstaltern/innen nichts, ausser einer unangemessen aufwändigen Abwicklung mit entsprechend höheren internen und externen Kosten.

10) Die Mitglieder der SUISA wären verpflichtet, sich an den von der SUISA gegründeten Stiftungen zu beteiligen, ohne daraus einen Vorteil zu ziehen

Art. 48 Abs. 2 URG besagt: «Mit Zustimmung des obersten Organs der Gesellschaft können Teile des Verwertungserlöses zum Zweck der Sozialvorsorge und einer angemessenen Kulturförderung verwendet werden.» Die Stiftungen der SUISA wurden auf Beschluss ihrer Generalversammlung, d. h. der Urheber/innen und Verleger/innen, gegründet.

Die soziale Absicherung von Kulturschaffenden in der Schweiz ist teilweise lückenhaft. Hinzu kommt, dass die staatlichen Mittel für die Kultur begrenzt sind. Die SUISA-Stiftungen sind aus einer privaten Initiative hervorgegangen und verursachen dem Staat keine Kosten.

Entgegen der Annahme von Direktlizenzierungsagenturen leisten die Bezugsberechtigten, die von den neuen Bedingungen für Grosskonzerte (siehe oben Punkte 2 und 3) profitieren, wie alle anderen Bezugsberechtigten (aus der Schweiz oder dem Ausland) Beiträge an die SUISA-Stiftungen. Zwar kommen die ausländischen Berechtigten nicht in den Genuss der Leistungen der SUISA-Stiftungen. Umgekehrt profitieren aber auch die SUISA-Mitglieder nicht von den Leistungen der Stiftungen ausländischer Verwertungsgesellschaften, obwohl sie diese mitfinanzieren, wenn ihre Werke im Ausland aufgeführt werden. Insgesamt ist das System also fair und ausgewogen.

11) Die SUISA habe ein neues Kartell geschaffen

Die SUISA weist diesen Vorwurf zurück. Im Rahmen einer neuen Initiative namens «One Arena»  arbeitet die SUISA mit anderen europäischen Verwertungsgesellschaften zusammen. Ziel dieser Initiative ist es, Künstlern/innen, die auf internationalen Tourneen auftreten, einen einzigen Ansprechpartner zu bieten. Dieser Ansprechpartner informiert die Künstler/innen über die Bedingungen für die Verwertung ihrer Rechte in den einzelnen Ländern (Tarife für Veranstalter/innen – einschliesslich Rabatte –, Abzüge der verschiedenen Verwertungsgesellschaften, Zuschläge auf die zu verteilenden Einnahmen, Verteilungsfristen usw.). Mit anderen Worten: «One Arena» bietet Künstlern/innen die notwendige Transparenz, um eine fundierte Entscheidung zwischen kollektiver Rechtewahrnehmung und Direktlizenzierungsagenturen zu treffen.

12) Die parlamentarische Initiative 25.434 verstosse gegen internationales Recht

In einer Entscheidung vom 5. Mai 2023 berief sich das IGE tatsächlich auf das Völkerrecht (insbesondere die Berner Übereinkunft zum Schutz von Werken der Literatur und Kunst), um die Rechtmässigkeit von Direktlizenzierungen zu begründen, die in der Schweiz von einer ausländischen Agentur wahrgenommen werden. Dieser Auffassung widerspricht ein Gutachten der Rechtsprofessoren Florent Thouvenin und Thomas Burri im Auftrag der SUISA und der SMPA – Swiss Music Promoters Association (dieses Gutachten) wurde der WBK-S vorgelegt). Seitdem hat das IGE an den Vorarbeiten zur parlamentarischen Initiative 25.434 mitgewirkt, da es der Ansicht ist, die kollektive Rechtewahrnehmung der SUISA schaffe Rechtssicherheit und Planbarkeit für die Konzertveranstalter/innen.

13) Die SUISA wende eine komplexe Tarifstruktur an, welche für die Konzertveranstalter/innen nachteilig sei, oder von welcher die Veranstalter/innen zulasten der Urheber/innen profitieren

Die Tarife der SUISA für Musiknutzungen werden nach einem gesetzlich festgelegten Verfahren (URG Art. 46) mit den massgebenden Verbänden verhandelt und müssen von der ESchK genehmigt werden (Art. 55 bis 60 URG). Erst dann sind sie rechtskräftig. Die Tarifaufsicht durch eine Fachinstanz (mit der Möglichkeit, beim Bundesverwaltungsgericht und anschliessend beim Bundesgericht Beschwerde einzulegen) stellt sicher, dass die Lizenzentschädigungen transparent sind und geltendem Recht entsprechen. Im Gegensatz ist über die Entschädigungen der Direktlizenzierer/innen nichts bekannt, weder die Art ihrer Berechnung noch auf welchen Kriterien sie erhoben werden. PACE hält sich nicht an diese Tarifstruktur, sondern will für die von PACE vertretenen Urheber/innen einen Teil der Rechte in einem Festival separat zu anderen, nicht zu von der ESchK genehmigten Konditionen lizenzieren. In diesem Zusammenhang behauptet PACE, die SUISA würde mit den Konzertveranstaltern/innen vor dem IGE über den Tarif streiten. Das ist nicht zutreffend. Das IGE ist dafür gar nicht zuständig, sondern vielmehr die erwähnte ESchK und im Instanzenzug das Bundesverwaltungsgericht sowie letztendlich das Bundesgericht. Es trifft zu, dass sich die SUISA mit den Veranstalterverbänden nicht einig ist über den neuen Konzerttarif und deshalb ein Verwaltungsgerichtsverfahren gegen den Entscheid der ESchK hängig ist. Die Verbände der Veranstalter/innen und die SUISA sind sich aber einig, dass es keinen Sinn macht, ein in der Schweiz funktionierendes System der Lizenzierung von Konzerten durch ausländische Firmen wie PACE zu verkomplizieren und verteuern.